„Menschen in Deutschland: International“ (MiDInt) ist eine gemeinsam von der Universität Hamburg und dem German Institute for Global and Area Studies (GIGA) durchgeführt Studie. Sie geht der Frage nach, wie Menschen internationale Krisen und Probleme wahrnehmen und inwieweit dies Ausstrahlungswirkungen auf ihre Einstellungen zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland hat. Für diese Untersuchung werden alle 2 Monate ca. 2.500 Erwachsenen ab 18 Jahren befragt, die auf Basis eines Online-Access-Panels erreicht werden. In den ersten beiden Wellen im November 2022 und im Februar 2023 standen als Themen unter anderem der Krieg in der Ukraine und damit verbundene Besorgnisse im Mittelpunkt. Thematisiert wurden Kriegsängste sowie Einstellungen zur Unterstützung der Ukraine durch Waffenlieferungen aus Deutschland. Weiter wurden auch Meinungen zur Aufnahme der Ukraine in die EU erhoben.
Trotz weit verbreiteter hoher Kriegsangst, die mehr als zwei Drittel der Bevölkerung zum Ausdruck bringt, findet nach den vorliegenden Ergebnissen die militärische Unterstützung der Ukraine durch Deutschland bei einer sehr großen Mehrheit der Befragten Zustimmung. Nur knapp ein Fünftel lehnt jegliche Lieferung militärischer Ausrüstung an die Ukraine ab. Allerdings wurde ganz deutlich zwischen verschiedenen Waffenarten differenziert. Eine Unterstützung durch Angriffswaffen, die über Kampfpanzer hinausgehen, wird seitens einer Mehrheit von etwa zwei Drittel der Befragten abgelehnt. Es zeigten sich in dieser Frage zudem deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Das Thema Krieg und Waffenlieferungen ist mit starken Emotionen und Besorgnissen verbunden und birgt ein Potential in sich, das zu Polarisierungen und gesellschaftlichen Spaltungen beitragen kann.
Die Konfrontation mit dem Krieg in der Ukraine hatte ferner erhebliche Ausstrahlungswirkungen auf die politischen Einstellungen der Menschen in Deutschland auch zu nationalen Fragen. So fanden sich unter anderem deutliche Effekte von Kriegsangst auf eine Erhöhung der Bereitschaft, zentrale demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien, eine politische Debattenkultur sowie parlamentarische Kontrollinstrumente aufzugeben, zugunsten eines vermeintlich besseren Schutzes durch eine starke staatliche Führung. Solche Zusammenhänge zwischen Kriegsangst und einer Abwendung von demokratischen Prinzipien markieren Herausforderungen für eine offene Gesellschaft und den demokratischen Rechtsstaat in Deutschland, die im Rahmen politischer Bildung aber auch im Kontext der Prävention von Intoleranz und politischer Radikalisierung adressiert werden sollten.